Tabuthema: Finanzieller Missbrauch in Beziehungen

In Partnerbeziehungen und Familien herrscht häufiger, als wir es glauben, finanzieller Missbrauch. Das Phänomen wird selten beim Namen genannt, doch es existiert und sollte sehr ernst genommen werden.

Finanzieller Missbrauch

Was zählen wir zum finanziellen Missbrauch?

Vor allem diese Fakten weisen auf einen finanziellen Missbrauch in einer Beziehung/Familie hin:

#1 Konten und Investments werden getrennt.
#2 Teilweise hält ein Partner vor dem anderen seine Geldanlagen geheim.
#3 Auch Einnahmen legt mindestens ein Partner – meistens der mit dem höheren Einkommen – nicht offen. Er budgetiert sie ohne Einsicht der Partnerin bzw. des Partners.
#4 In dramatischeren Fällen hat ein Partner gar kein Konto und außerdem gar kein oder nur ein minimales Einkommen, das der andere Partner verwaltet. Dieser teilt dann Haushalts- und Taschengeld zu. Die Benachteiligten sind fast immer Frauen ohne Arbeitseinkommen und im Rentenalter mit sehr kleiner Rente. Sie sollen sich allein um den Haushalt kümmern und sind vollständig vom Partner abhängig.

Finanzieller Missbrauch in der Ehe: Was sind die Folgen?

Die wichtigste Folge eines eingeschliffenen finanziellen Missbrauchs in der Ehe ist die finanzielle Unselbstständigkeit des betroffenen Partners, der fast immer die Ehefrau ist. Umgekehrte Fälle der finanziellen Abhängigkeit eines Ehegatten von seiner Frau sind fast nicht bekannt, was an einem überkommenen Rollenmodell liegt. An mangelnden Arbeitsmöglichkeiten für Frauen liegt es jedenfalls nicht. Häufig empfindet es eine Ehefrau in jungen Jahren nach der Geburt von Kindern zunächst als entlastend, nicht arbeiten zu müssen. Dann spielt sich in der Beziehung diese Rollenverteilung ein. Der Mann macht Karriere und verdient ordentlich, eine Berufstätigkeit der Frau erscheint aus finanzieller Sicht überflüssig. Doch schleichend etabliert sich ein gravierendes Machtgefälle: Der Mann beginnt, alle finanziellen Entscheidungen allein zu treffen, da er schließlich das Geld „heranschafft“. Das mag über etliche Jahre gut funktionieren, doch der Mann kann seine Haltung ändern: Er kann weniger großzügig werden. Vielleicht schafft er sich eine Geliebte, vielleicht auch ein teures Hobby an. Jedenfalls könnte er auf die Idee kommen, seine Frau an der finanziell sehr kurzen Leine zu halten. Das ist an sich schon belastend. Noch belastender wird es, wenn sich das Paar scheiden lässt: Die Frau hatte wahrscheinlich über Jahre oder gar Jahrzehnte keinen Einblick mehr in die Vermögensverhältnisse ihres Mannes. Dieser wird im Scheidungsfall größere Teile seiner finanziellen Reserven verheimlichen. Damit erhält die Frau bei der Aufteilung der Güter viel weniger, als ihr zusteht.

Wie lässt sich finanzieller Missbrauch in Beziehungen verhindern?

Beide Ehepartner sollten auf ihre finanzielle Selbstbestimmung achten. Wenn doppelte Berufstätigkeit nicht möglich und/oder überflüssig ist, sollten dennoch gerade die nicht berufstätigen Frauen auf einem eigenen Konto und einem festen, ihnen zustehenden Betrag über das Haushaltsgeld hinaus bestehen. Des Weiteren sollten beide Partner volle Einsicht über mindestens das Gemeinschaftskonto und wenigstens im Groben über die Finanzlage der Familie bekommen. Zu empfehlen ist sogar, dass die Ehefrau das Gemeinschaftskonto verwaltet, wenn sie, wie es in 90 % aller Fälle zu beobachten ist, das Geld eigentlich geschickter verwaltet. Weitere Lösungsansätze sind:

Das Paar zahlt in die Altersvorsorge beider Partner gleichmäßig ein.
Wichtige Versicherungen wie eine Lebensversicherung oder die Versicherung gegen Berufsunfähigkeit sollten beide Partner gleichmäßig absichern.
Der Ratschlag von Experten ist immer wertvoll.